inspired by Martina Bisaz
10 Tipps für ein perfektes Landschaftsfoto
1. Entdecken Sie die beste Tageszeit
Ich bin ja eigentlich überhaupt kein Morgenmensch. Doch zu dieser Tageszeit entstehen nun mal mit die schönsten Fotografien. Deshalb wählen viele Fotografen die Zeit vor und nach dem Sonnenaufgang sowie vor und nach dem Sonnenuntergang für spektakuläre Bilder. Denn tagsüber, wenn die Sonne am höchsten steht, sind die Schatten und Kontraste zu stark und das Bild wird nicht so stimmungsvoll. Den richtigen Zeitpunkt zu erwischen ist meistens nicht ganz einfach, vor allem, wenn man in den Bergen eine Tageswanderung macht. Zwei Tipps, damit Sie den optimalen Zeitpunkt erwischen:
- Starten Sie bereits in der Morgendämmerung, so schaffen Sie es rechtzeitig zu Sonnenaufgang in die Höhe.
- Planen Sie eine Übernachtung im Zelt oder in einer SAC-Berghütte ein, so lassen sich Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in vollen Zügen geniessen und fotografieren.
Die schönsten Bilder von Seen erhält man meistens vor Sonnenaufgang, wenn das Wasser noch spiegelglatt ist. Ich bin auch schon um 4 Uhr in der Nacht losgewandert, nur um vor Sonnenaufgang an einen Bergsee zu kommen, damit ich das Bild mit perfekter Spiegelung erwische. Natürlich ist es nicht immer möglich, nur morgens und abends zu fotografieren. Zum Glück entstehen natürlich auch bei Tageslicht schöne Fotos! Man kann sie gut etwas nachbearbeiten, indem man Kontraste und Schatten ein wenig zurückschraubt.
2. Entscheiden Sie sich für Dynamik im Bildaufbau
Das Spiel mit den Ebenen
Ich versuche, wenn immer möglich, mit verschiedenen Ebenen im Bild zu arbeiten. Die Ebenen erzeugen ein Raumgefühl und das macht das Bild gleich viel spannender. Dies kann man beispielsweie mit einem unscharfen Vordergrund sehr gut umsetzen – oder man wählt im Vordergrund ein Häuschen, eine Person, Bäume, Füsse, ein Zelt oder sonst etwas Interessantes. Seien Sie kreativ und verwerfen Sie auch mal bewusst die Standardregel des Goldenen Schnitts. Versuchen Sie doch mal, den Himmel zum Hauptbestandteil des Bildes zu machen, zum Beispiel bei einem atemberaubenden Sonnenuntergang, spannendem Wolkenspiel oder schönen Farbverläufen. Das kann minimalistisch wirken und dem Bild gleichzeitig das gewisse Etwas verleihen.
Die spielerische Täuschung
Oft mag ich es auch, die Horizontlinie in der Bildmitte zu platzieren, insbesondere bei Spiegelungen in einem See, die so eine perfekte Symmetrie erzeugen. Auf diese Weise entstehen zuweil Täuschungen zwischen Realität und Spiegelung – was ist nun echt und was nur Reflektion? Man könnte das Bild auch auf den Kopf stellen, um dem Ganzen einen spielerischen Touch zu geben.
Das Auge des Betrachters führen
Linien, die das Auge im Bild leiten, können ein zentrales Element im Bildaufbau einnehmen und als bewusste Akzente funktionieren. Das kann zum Beispiel eine Strasse sein, eine Bergkette oder der Verlauf eines Tals.
3. Treffen Sie eine bewusste Auswahl von Blende und Verschlusszeit
Möchten Sie in Ihrem Bild alles im Fokus – also alles scharf – haben, empfehle ich mindestens eine Blende f/10. Möchten Sie aber ein unscharfes Element in den Vordergrund setzen wie Blumen oder Äste, wählen Sie eine Objektivblende f/4 oder grösser, je nach Objektiv. Ich experimentiere oft mit verschiedenen Blenden-Varianten und suche mir dann am Computer das beste Bild aus.
Klingt kompliziert? Merken Sie sich diese Grundregel: Je offener die Objektivblende, desto geringer ist der Schärfeanteil des Bildes (wenig Schärfentiefe). Je geschlossener die Blende, desto höher ist der Schärfeanteil des Bildes (viel Schärfentiefe). Ersteres ist bei Detailaufnahmen sinnvoll, letzteres macht normalerweise bei einem Landschaftsbild Sinn.
4. Setzen Sie auf RAW und Automatischen Weissabgleich
Dem Weissabgleich gebe ich zugegebenermassen wohl am wenigsten Beachtung, weil man diesen ziemlich einfach im Nachhinein noch korrigieren kann. Dies gelingt am besten, wenn man die Bilder im RAW-Format abspeichert. Ich habe den Weissabgleich meiner Kamera meistens auf automatisch gestellt, denn: Es ist mir schon öfters passiert, dass ich bei Sonnenschein vergessen habe, die Einstellung, welche vorher auf Schatten abgestimmt war, wieder anzupassen oder umgekehrt. Einmal hatte ich den tollsten Himmel mit unglaublichen Mammatus-Wolken bei Sonnenuntergang im Blick und natürlich zählt da jede Sekunde, um diese Lichtstimmung einzufangen. Ich habe meine Kamera gepackt, bin rausgerannt und habe gleich drauflos geknipst. Als das Schauspiel vorbei war, habe ich dann ganz zerknirscht bemerkt, dass ich den falschen Weissabgleich eingestellt hatte. Aber zum Glück gibt es die Möglichkeit der digitalen Nachbearbeitung! Deshalb fotografiere ich auch immer im RAW-Format, damit ich im Nachhinein die hellen und dunklen Bildanteile sowie die Farben des Bildes ohne Qualitätsverlust regulieren kann.
5. Ihr wichtigstes Hilfsmittel: das Stativ
Wenn Ihnen die Landschaft im Dämmerlicht gefällt, ist ein Stativ unabdinglich. Auf Reisen habe ich mein Stativ immer dabei – zum Einsatz kommt es dann meistens bei Nachtfotos. Was tun, wenn das Stativ dann doch mal vergessen geht? Dann gilt es, erfinderisch zu werden und zu improvisieren: Ich war in Santorini unterwegs, hatte den perfekten Sonnenuntergang vor der Linse und ausgerechnet mein Stativ nicht dabei. So habe ich kurzerhand meine Kamera auf einer Mauer positioniert und mit Steinen den richtigen Winkel fixiert – und das hat wunderbar geklappt!
Welches Stativ ist das richtige für Sie?
Oftmals sind Stative leider ziemlich gross und schwer, damit sie das Gewicht der Kamera inklusive Objektiv tragen können und auch bei Wind einen guten Stand beweisen. Für kleinere Kameras empfehle ich Ihnen ein kleines dreibeiniges Stativ oder auch einen Gorillapod. Diese kann man praktisch in der Handtasche und im Rucksack verstauen und sie wiegen auch fast nichts.
Mein Tipp: Nutzen Sie das Stativ auch für Selbstportraits! Das Foto können Sie bequem auslösen, indem Sie den Timer setzen oder mit einem Fernauslöser arbeiten. Ich benutze die App des Kameraherstellers, mit welcher ich meine Kamera über Wireless bedienen kann. So sehe ich live auf dem Handy, wie und wo im Bild ich stehe.
6. Lassen Sie sich vom Wetter überraschen
Sind Sie in den Ferien und ärgern sich über schlechtes Wetter? Seien Sie unbesorgt: Spektakuläre Landschaftsbilder entstehen auch bei garstigem Wetter! Für mich persönlich ist ein strahlend blauer Sonnentag kein interessanter Tag, um zu fotografieren. Wenn ich aussuchen kann, bevorzuge ich zum Beispiel den Moment nach einem Regenschauer, wenn der Himmel mit Wolken verhangen ist und die Sonne irgendwo durchdrückt. So erzeuge ich ein spannendes Lichtverhältnis. Nebel und Dunst sind weitere (natürliche) Mittel, welche die Fotos magisch wirken lassen können. Also: bei Nebel unbedingt raus in den Wald! Die Bilder werden super stimmungsvoll! Auch bei Regen und Schneefall kann das perfekte Bild entstehen. Hauptsache Licht, denn ohne Licht und mit vielen Wolken ist für mich das schlimmste Fotowetter.
7. Nutzen Sie die Magie der Nacht
Für Nachtfotografie benötigen Sie wenn möglich eine Spiegelreflexkamera mit Vollformatsensor und ein Stativ – ein Handy genügt hier nicht mehr. Nachts arbeite ich meistens mit eher weitwinkligen Objektiven. Möchte man die Sterne fotografieren, sollte man sich weit weg von der Lichtverschmutzung befinden. Ein paar Tipps für Fans von Astrofotografie:
- Die Milchstrasse fotografieren Sie in der Schweiz am besten ab Monat Mai. Laden Sie eine Sternenapp auf Ihr Handy (ich nutze «Star Walk»). So können Sie genau sehen, wo die Milchstrasse steht.
- Achten Sie auf die Mondstellung. Bei Vollmond wird man kaum Sterne erkennen. Deshalb ist Leermond bei der Sternenfotografie am besten.
- Arbeiten Sie mit verschiedenen Belichtungszeiten, wenn Sie Sterne zusammen mit einem Element im Vordergrund abbilden möchten. Schiessen Sie zwei Fotos mit verschiedenen Belichtungszeiten und legen Sie diese dann später mit einem Bearbeitungsprogramm wie Photoshop zusammen. Der dunkle Sternenhimmel verlangt eine längere Belichtungszeit als z. B. das beleuchtete Haus oder Dorf im Vordergrund. Steht der Vordergrund ziemlich im Dunkeln, kann man während der Belichtungszeit mit einer Taschenlampe kurz die gewünschte Stelle anleuchten. Oder sogar mit «Lightpainting» spielen. Das bedeutet, während einer Langzeitbelichtung mit einer Taschenlampe Formen in das Nachtfoto zu zeichnen. Das habe ich auch einmal versucht, und habe gemerkt, dass es einfacher aussieht als es ist. Ich habe etliche Versuche gebraucht, bis ich schlussendlich einigermassen zufrieden war. Doch das spektakuläre Resultat war die Mühen wert.
8. Nehmen Sie sich Zeit für die Planung
Ich bin nicht gerade die beste Planerin, deshalb passiert bei mir vieles auch spontan – ausser natürlich das frühe Aufstehen für den Sonnenaufgang, das würde ich ja nie spontan machen. :) Aber natürlich bereite ich mich auch vor, wenn ich an einen neuen Ort reise, den ich nicht kenne. Ich google den Ort und schaue mir die Bilder an, um einen Eindruck der Umgebung zu bekommen. Google Maps kann da sehr hilfreich sein. Oder ich suche den Ort auf Instagram – entweder über einen Hashtag oder über die Geo-Location. Es lohnt sich auch, immer wieder an den gleichen Ort zu gehen zu verschiedenen Tageszeiten oder Wettersituationen. Ich habe das über ein Jahr lang gemacht mit einem Baum bei mir in der Nähe. Einzig mit dem Handy und der Nachbearbeitungsapp Snapseed ausgerüstet. Ich habe mir einfach den genauen Standpunkt und Bildausschnitt gemerkt und jedes Mal beim Vorbeifahren ein Foto gemacht. Gehen Sie gleich vor mit einem Objekt in Ihrer Nähe und Sie erhalten eine einzigartige Bildstrecke.
9. Arbeiten Sie mit mehr als nur einem Objektiv
Für Landschaftsfotografie braucht es nicht nur Weitwinkelobjektive. Seit ich mein 70-200mm Objektiv habe, habe ich immer mehr Spass, mit diesem auch Landschaftsbilder aufzunehmen. Klar kann man damit nur ein Detail des Ganzen aufnehmen, aber auch ein Detail kann sehr eindrücklich und stimmungsvoll sein. Man kann mit einem Tele auch sehr schön mit der Schärfentiefe spielen, das heisst den Vordergrund scharf lassen und den Hintergrund (die Landschaft) unscharf – oder umgekehrt. Durch dieses Vorgehen erzeugt man ein räumliches Gefühl in der Fotografie und lässt gleichzeitig auch das Weite viel näher scheinen. Für Städtereisen nutze ich sehr oft eine 55mm Festbrennweite. Diese eignet sich dank ihrer offenen Blende von f/1.8 auch hervorragend für Portraits. Mit meinen Zoomobjektiven 16-35mm, 28-70mm und 70-200mm bin ich für alle Situationen gewappnet.
10. Achten Sie auf Texturen
Die Natur ist die grösste Künstlerin: Wasser, Gestein, Wälder, Schnee – man findet überall wunderbare Texturen und Strukturen. Die Bilder von natürlichen Texturen können schnell sehr abstrakt wirken und man erkennt vielleicht nicht gleich auf Anhieb, was auf dem Bild zu sehen ist. Es ist schliesslich auch interessant, wenn man etwas rätseln kann und sich daraus eigene Bilder im Kopf entwickeln, die der Fantasie Spielraum geben. Texturen kann man sehr gut mit einem Tele in der Landschaft finden. Makrofotografie bringt die schönsten Details von Moos, Rinden oder Steinen zu Tage.
Alle Bilder dieses Beitrags stammen von Martina Bisaz und unterliegen ihrem Copyright.
Martina Bisaz
Kaum ein Schweizer oder eine Schweizerin hat mehr Instagram-Follower als sie. Die gebürtige Bündnerin Martina Bisaz begeistert als kitkat_ch auf der Fotoplattform Instagram mehr als 211`000 Follower mit ihren Landschaftsbildern. In ihren Oldtimern Fiat 500 und einem orangen VW Bus reist die 36-Jährige quer durch die Schweiz und die Welt. Und wie bei Heidi lässt sich auch über Martina sagen: ihre Welt sind die Berge. Fotos von eindrücklich verschneiten Bergkuppen, azurblauen Alpseen und nebelverhangenen Gebirgsmassiven sind ihr Markenzeichen. 2017 hat Martina Bisaz ihre Stelle als wissenschaftliche Illustratorin gekündigt und arbeitet seither als Freelance-Fotografin und widmet sich ihrem Instagram-Account. Für den Fotoblog inspire von ifolor verfasst Martina monatlich einen Beitrag rund um die Welt der Fotografie und Fotoprodukte.